Zum diesjährigen Gedenktag, der bei uns im Landkreis Harburg immer in die 16-Tage-Kampagne eingebettet ist, die den Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen mit dem 10.12., dem Internationalen Tag der Menschenrechte verbindet, werden wieder zahlreiche Veranstaltungen von uns kommunalen Gleichstellungsbeauftragten mit unterschiedlichen Trägern und Vereinen angeboten.
Dieses Jahr kooperieren Ulrike Glüer, Gleichstellungsbeauftragte der Gemeinde Neu-Wulmstorf und ich, Astrid Warburg-Manthey, kommunale Gleichstellungsbeauftragte der Samtgemeinde Salzhausen wieder und gestalten drei Veranstaltungen gemeinsam. Wir haben uns dieses Jahr den Schwerpunkt "Häusliche Gewalt" gesetzt.
Unser Ziel ist, verstärkt über Häusliche Gewalt zu informieren; darüber, welche Hilfen und Unterstützung es gibt; das Frauenhaus des Landkreises zu stärken und dessen immens wichtige Arbeit bekannter zu machen.
Denn es ist leider eine furchtbare Tatsache, dass jede dritte Frau im Laufe ihres Lebens ein- oder mehrmals häusliche und/oder sexualisierte Gewalt erfährt, und alle zweieinhalb Tage eine Frau von ihrem Partner oder Expartner getötet wird. In Salzhausen fand leider ein solcher Femizid im Spätsommer statt, und auch in Tostedt gab es dieses Jahr einen Femizid.
Das alles sind jedoch nur die bekannten Zahlen, das Hellfeld. Das sog. Dunkelfeld ist beträchtlich größer. Und obwohl es zum Glück seit 20 Jahren das Gewaltschutzgesetz gibt und auch ein Stalkinggesetz verabschiedet wurde, sind diese aus frauenpolitischer Sicht in der bisherigen Form und Umsetzung nicht ausreichend.
Um aber das Thema der Gewalt gegen Frauen überhaupt stärker bekannt zu machen und dafür zu sensibilisieren, bieten wir immer wieder Veranstaltungen und Projekte an. So haben wir für die diesjährige Kampagne die Professorin Dr. Sabine Stövesand zu einer ersten Online-Veranstaltung eingeladen. Sie wird über das von ihr entwickelte "StoP"-Projekt berichten. StoP bedeutet "Stadtteile ohne Partnergewalt", und bezieht Nachbarschaft und Gemeinde in die Prävention und Intervention ein. Wie schon Carol Hageman-White als Vertreterin der amerikanischen Frauenbewegung schrieb, sagt Gewalt weniger über die Qualität einer Beziehung, als über die Qualität eines Gemeinwesens aus.
Damit ist gemeint, dass ein funktionierendes Miteinander in Nachbarschaft und Gemeinde sowohl präventiv im Sinne des miteinander Sprechens und füreinander Daseins Konflikte abfangen und in Hilfen kanalisieren kann, als auch die verbundenen Sozialkontrolle helfen kann, dass Konflikte nicht oder nicht lange eskalieren und in Gewalt münden können.
StoP gibt es mittlerweile bundesweit in zahlreichen Kommunen und Städten, und auch in einem Bezirk Wiens. Wir freuen uns sehr, dass wir Prof. Dr. Sabine Stövesand als Referentin einladen konnten und werden gemeinsam mit ihr erörtern, wie wir StoP in unseren Kommunen implementieren können! Denn häusliche und/oder sexualisierte Gewalt ist kein Großstadt- oder Randgruppenphänomen. Häusliche und sexualisierte Gewalt kennt kein Alter, keine Klasse, keine Bildung, keinen Beruf, keine Hautfarbe. Aber leider ein Geschlecht. Opfer sind zu fast 90% Frauen, Täter zu 95% Männer. Gewalt ist leider in der Regel männlich. Das hat verschiedene Ursachen, über die wir in vielen angebotenen Veranstaltungen auch immer wieder informieren.
Letztes Jahr hatte ich im Rahmen der 16-Tage-Kampagne einen Kollegen der Täterberatung "Wendepunkt" aus Elmshorn als Referenten eingeladen, der über seine Arbeit berichtete. Im kommenden Jahr wird nun auch der Landkreis Harburg endlich eine eigene Täter-Beratungsstelle bekommen.
Am vergangenen Freitag haben meine Kollegin Ulrike Glüer und ich gemeinsam die "Brötchentütenaktion" in Neu Wulmstorf auf dem Marktplatz gestartet.
Dafür haben wir fast 200 mit dem Slogan "Gewalt kommt nicht in die Tüte", der Nummer des bundesweiten Hilfetelefons, dem 25. November als "Internationalem Tag gegen Gewalt an Frauen", sowie den Wappen unser beider Kommunen bedruckte Brötchentüten mit jeweils einem Brötchen und diversen Informationen zu häuslicher Gewalt an die BürgerInnen verteilt. Bis auf wenige, vor allem männliche Marktbesucher, die keine Tüte nehmen wollten, war die Resonanz durchweg sehr positiv.
Wir hatten einen überdachten Stand mit Material und den gefüllten Tüten aufgebaut, und hatten uns Unterstützung von je einer Mitarbeiterin vom Frauenhaus des Landkreises, des Weißen Rings, des Ordnungsamts und des Mehrgenerationenhauses geholt, die uns beim Verteilen und den Gesprächen mit den BürgerInnen unterstützten. Auch der Bürgermeister der Gemeinde kam zwischenzeitlich hinzu.
Da wir proaktiv auf die Menschen zugingen, kam es zu vielen Begegnungen, bei denen unisono alle Frauen die Aktion großartig und wichtig fanden. Manche kannten auch schon den 25.11. als Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen. Einige Frauen berichteten von eigenen Erfahrungen mit Stalking oder häuslicher Gewalt.
Unsere Intention war, für das Thema "Häusliche Gewalt/Gewalt gegen Mädchen und Frauen" zu sensibilisieren, die Institution und Nummer des Hilfetelefons bekannt zu machen und neben der Vernetzung von uns Vertreterinnen von Hilfeeinrichtungen auch den Kontakt zu den BürgerInnen zu festigen. Sowie natürlich auch als Gleichstellungsbeauftragte BürgerInnennähe zu zeigen!
Parallel versorgen wir jeweils in unseren Kommunen die örtlichen Bäckereien mit den bedruckten Brötchentüten, die diese dann dankenswerterweise am 25.11. verwenden werden.
Die gleiche Aktion, wie die jetzt gemeinsam gestaltete in Neu Wulmstorf, wird am Freitag, 01.12.23 zwischen 15 und 17 Uhr in der Samtgemeinde Salzhausen während des Wochenmarktes stattfinden. Dort werden neben der Bürgermeisterin des Ortes ebenfalls Kolleginnen des Weißen Rings, des Frauenhauses, der Jugendarbeit sowie der Präventionsbeauftragte der Polizei des Landkreis Harburg dabei sein und die Aktion unterstützen.
So werden am 25.11. - wie in vielen weiteren Kommunen Deutschlands - nicht nur die Gedenkfahnen an den Rathäusern wehen, sondern sowohl in Neu Wulmstorf als auch in der Samtgemeinde Salzhausen Bäckereien die bedruckten Tüten mit dem wichtigen internationalen Datum und der Nummer des Hilfetelefons abgegeben. Und wir Gleichstellungsbeauftragten werden gemeinsam zahlreiche gefüllte Tüten verschenken und mit den Menschen ins Gespräch kommen!
Mit herzlichem Gruß,
Ihre
Astrid Warburg-Manthey
Kommunale Gleichstellungsbeauftragte Samtgemeinde Salzhausen